Quelle: LitGes St. Pölten, Eva Riebler
Roswitha Klaushofer Spezies. Gedichte/ Wolfg. Seierl Zeichnungen
Edition Tandem Salzb./Wien 2020
ISBN 978-3-90468-08-6
Klaushofers Lieblings Spezies ist das gegenseitige Beeinflussen von Lyrik und Zeichnung. Es gelingt ein gegenseitiges Befruchten. Der hochkarätige Musiker und akademische Maler Wolfgang Seierl begleitet ihre Lyrik zum zweiten Male (Die Inseln: Ed. Tandem 2017). Er entwarf genauso Graphikmappen u. a. zu Texten von Gert Jonke, Ferdinand Schmatz, Julian Schutting usw. Auffallend ist sein leichter, spontaner Strich, der wie aus dem Gemüt oder Bauch zu kommen scheint. Wie absichtslos und vollkommen stark und unkapriziös reagiert er auf die anspruchsvollen Gedichtminiaturen. Dabei macht Klaushofer es ihm nicht leicht. Titeln/Themen wie „Wimpernschläger“, „Einsamgänger“, „Kopfgänger“, „Zwei in Einem“ oder „Wischgefährte“ sind da in Bilder zu fassen. Und diese ausdrucksstarken Zeichnungen wirken stets auf das Gedicht zurück – von Bebilderung oder Illustration keine Spur!
Klaushofer geht mit ihren Texten so tief in die einfache Sprache, das Leben des Menschen, sodass man meint sie kommt nur mehr heraus, wenn sie ihre Worte zertrümmert, neu zusammensetzt und so eine weitere Ebene des Ausdruckes kreiert! Sie bleibt nicht im einfachen Beschreiben des Daseins hängen, sondern findet unter der zweiten Schicht stets noch eine dritte oder vierte. So tun sich interessante Tiefen des Lebens auf, die erahnt, erspürt werden und der Leser kann sich nie sicher sein, ob er auf der richtigen Spur ist.
Ihre Worte sind wie das Leben: Tiefen und neue Verbindungen, Zusammensetzungen und Verdrehungen – alles schrammt hauchdünn an irgendwas vorbei, das man nicht zu fassen bekommt. Dadurch ergibt sich die wunderbare Vielschichtigkeit. Ungewöhnliche Wortschöpfungen wie „… Sein Angsthaar erhellt vom Fugenweiß seines Traumes.“ – wirken in uns nach und ergeben einen Mehrwert.
Nicht nur eine exzellent aufgemachte Lyrik- und Grafikmappe liegt uns vor, sondern ein ergiebiger, vielschichtiger Block, der erst langsam verdaut werden muss und immer wieder Neues, wenn schon nicht erkennen – so zumindest – ahnen lässt!
Wunderbar!
Eva Riebler