Quelle: LitGes St. Pölten, Eva Riebler-Übleis
Für keinen und für jeden sind die Gedichte und Zeichnungen Roswitha Klaushofers. Sie stammt aus Salzburg und lebt in Zell am See, wo sie Musik unterrichtete. Es ist nicht ihr erstes Werk, sondern ihr 12. Gedichtband. Bereits 1989 gab sie ihre Lyrik im „Mitlesebuch 34“ heraus. Was neu ist, ist die Ausstattung mit eigenen Tuschezeichnungen auf Papier. Sie schreibt nicht nur Gedichte nach dem immer gleichen Muster, sondern bleibt sich auch in der Gestaltung ihrer Zeichnungen über Jahre treu. Schwarz-weiße Gestalten, meist Frauen, die stets Augen, Nasen, Lippen und Haare haben und sich ähnlich sehen. Fast könnte man meinen, sie seien ein altes Ego, das die Autorin begleiten und Einsamkeit verhindern.
Denn aus den Gedichten spricht viel Einsamkeit und Wissen um die Kraft einer sachten Berührung oder Abwendung. Auch die Kälte und Schnee wie Wind oder Schatten stimmen traurig und stehen als Symbol der Vereinzelung, Leere oder Vergeblichkeit. Die Grundstimmung ist eine düstere. Auch die Adjektive reihen sich da ein und künden von einem „abgeholzten“ Wald, einer „baumlosen“ Leer, von „hartem“ Eis, „kaltem“ Geruch und enden mit „zaghaften“ Schritten. Und dies alles in einem einzigen Gedicht!, einem mit dem Titel Fahrt.
Schnelllebigkeit, Aufbruch und positiv Gestimmtsein wird man kaum in den Inhalten finden. Auch das Liebes – gedicht heißt kurz und bündig: Was uns entglitt / hielt sich länger.
Trotzdem ist das Verstehen der Zeilen nicht schwierig. Man erspürt den Inhalt und erfasst die Gemütsbewegung intuitiv.
Das Vokabular ist derart gewählt, dass der Leser so langsam voranschreitet, wie die Texte es vorgeben. Der Lesende ist berührt und hält inne. Oft verharrt der Mensch, von dem die Gedichtzeilen künden, abwartend, bewegungslos und ohne Dynamik. Vielleicht kann er auch nichts dafür – die Verhältnisse sind eben so! – Die letzten Zeilen des Schlussgedichtes Im Gedächtnis machen dies verständlich: Unser Aug / friert nicht zu. / Wir sind eingeschneit.
Quelle: Literatur und Kritik, Christoph Janacs
„Hinter dem Scheibenglas / sieht keiner / diesen Riss / der durch den Körper zieht // Wenn Nachtvögel / die Tage vertreiben / tauscht der Mond / seine Gedanken // Hinter dem Scheibenglas / sammelt sich Staub“ – so lautet das Titelgedicht von Roswitha Klaushofers jüngster Sammlung von 39 Gedichten, und es beinhaltet einige der wesentlichsten Merkmale von Klaushofers Poesie: da sind die Kürze (das längste der Poeme hat 22 Zeilen, das kürzeste gerade einmal zwei) und die Verdichtung, die den Tonfall oftmals spröde und die Übergänge abrupt erscheinen lassen; da sind die Naturbilder (bevorzugt Staub, Hitze, Licht, Meer, diverse Bäume, Nacht); und da ist das allgegenwärtige Gefühl der Distanz (hier durch die Metapher des Fensterglases evoziert).
Hinzu kommen ursprünglich farbige, im Buch aber nur schwarzweiß wiedergegebene Zeichnungen der Autorin, die mit wenigen Strichen Gesichter und Figuren entwirft, welche Einsamkeit und Isolation zum Ausdruck bringen.
Klaushofer (geb. 1954) schreibt eine – trotz aller Kürze – melodiöse, bildhafte Lyrik, kein Wunder, daß etliche ihrer Gedichte vertont wurden (u.a von Wolfgang Danzmayer, Johannes Kotschy und Balduin Sulzer) und es immer wieder zur Zusammenarbeit mit bildenden KünstlerInnen kommt.
Mit Hinter dem Scheibenglas liegt ein schmaler, durchkomponierter Band vor, der Klaushofer als Doppelbegabung vorstellt und Beachtung verdient.